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Irre Parabel
Hundt läuft durch den Supermarkt um Milch, Eier, Mehl zu besorgen. Er hat versprochen, heute Eierkuchen mit Kirschen zu machen. Die Musik aus den Lautsprechern geht ihm auf die Nerven. Unterbrochen wird sie durch dümmliche Werbetexte. Er sucht die Sachen zusammen und redet gegen die Texte aus den Lautsprechern an, er kann nicht weghören und schimpft vor sich hin, als eine mittelalte Frau hinter ihm anfängt, zu der Musik mitzusingen. Hör bloß auf, sagt er halblaut in ihre Richtung, aber sie ist im gleitenden Wohlgefühl der Beschallung beim Anblick der Waren ertaubt.
Er fühlt sich in diesem Geschäft unpassend und gequält, weil er nicht mitgehen möchte, weder mit dem Rhythmus der Schlager oder deren Texten - noch auch mit dem antisozialen Gebaren, das die gutaussehenden Kundinnen an den Tag legen, mit denen er nicht harmonieren möchte. Beim lächelnden Ergreifen der Ware scheinen sie eine feindselige Effizienz für angebracht zu halten.
Hundt fragt sich, ob er zu alt geworden ist für diesen Scheiss und denkt an den Krämer im Dorf im Jahre 1967, der im Nebenberuf Wilderer war. Ich bin ein Relikt. Vielleicht sogar eine Reliquie. Man verehrt mich im Jahr 2081 als Vorreiter und Helden des Antikonsumismus und weint an meinem Grab über die Drohnen, die nun das tägliche Brot herbeibringen. Junge Frauen beklagen den irreparabeln Verlust der Lebenswelten des zwanzigsten Jahrhunderts, die sie nicht erlebten, aber sich wieder herwünschen. Sie legen Spielzeuge, Kiesel und Kränze blauer Blumen auf mein Grab.
Nachts, hügelig
Hundt, der sich wie durch die Mühle gedreht fühlte, und trotzdem weiterlief durch den nächtlichen Regen, der schon seit Stunden fiel, die Tropfen machten Blitze hinter den geschlossenen Augenlidern. Es gab keinen Schlafplatz, nur einmal versuchte er eine Garage als Unterstand und Schlafplatz zu benutzen, er gab schnell auf, es war noch kälter, in der durchnässten Kleidung im Trocknen zu stehen. Also ging er weiter immer weiter. Morgens fuhren dann Busse die Landstrasse entlang, auf der er immer weiter wanderte. Er hatte die ganze Nacht durchgestanden und wurde dann mitgenommen in einem Lkw, endlich warm und dummdreiste Radiosendungen, schlief er ein und wachte wieder auf und kam da an, wo er hinwollte. Weissgrüne Polizeiautos glänzten nass im weissen Morgenlicht, er fand das Haus, wo er Zwischenhalt machen konnte, er kannte da einen, aber es war ungastlich und die Bewohner, die keine Freunde waren, fanden ihre Befriedigung darin, sich selbst vor Publikum zu bespiegeln, was ihn anekelte und langweilte.
Tauben im Park
Hundt war über Wochen und Monate langsam immer schweigsamer geworden, wenn ihn jemand in ein Gespräch ziehen wollte, sass er da und wusste nichts zu sagen. Es gab einfach nichts, er grübelte beständig, aber da waren keine Gedanken, nur Silben, die sich wiederholten und ein durchdringendes Gefühl der Stumpfheit und des Gequältseins, nur wusste er nicht wovon. Im Park sass er alleine auf einer Bank und sah Tauben vor sich hin- und herlaufen. O So eine Taube zu sein, bewusstlos ohne dieses würgende einsame Gehirn.
Ligusterhecken
Hundt steht im Kleingarten und prophezeit: Ein neues REICH, mit Farben Grün-Golden, ultimativer Faschismus in letztgültiger Ausprägung. Ligusterhecken.
Gold glänzt und ist tot, Grün lebt und ist tot.
Es ist dasselbe geworden. Leben sein Todt.
Grünspan, Sonne. Grünspansonne.
Kohlen-Blei. Nacht am hellichten Tag.
Wahrlügen. Kommt aus der Helle der Nacht,
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Dying of Thirst in a Pool of Blood.
Hundt, in der Bunkerbrache legt er, sich sterbend, hin, das dunkle Licht überstroemt und toetet Hundt, schwarzes Licht rinnt dickflüssig am Bein herunter.
Die Welt geht auf, hier über dem wechselnden Mond,
Sonne blendet den toten Hundt.
Nun ist es vorbei, nichts mehr, nach dem Dahinschrumpfen und Verloeschen:
Was tun, nun, Wiedergaenger des wiedergewonnenen Todes,
der ja das Leben. Ist. Wo Ist mein Haus. Hier: Nullpunkt, Nowhere, Never.
Dying and dying are dying have died will die.
Dying of Thirst in a Pool of Blood. |
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